Die kanadische Historikerin Sharon Meen wurde in Lich für die Erforschung der Schicksale jüdischer Familien gewürdigt.
Lich (red). Eine ganz besondere Ehre wurde der kanadischen Historikerin Dr. Sharon Meen im Nachgang zur zurückliegenden Stolpersteinverlegung in der Braugasse, der Kolnhäuser Straße und der Gießener Straße zuteil – Bürgermeister Dr. Julien Neubert lud sie in das Rathaus ein, um sich im Goldenen Buch der Stadt Lich zu verewigen.
Das Signieren im Goldenen Buch ist prominenten, hochrangigen Gästen sowie Persönlichkeiten vorbehalten, die in besonderer Art und Weise die Entwicklung der Stadt sowie die Erforschung ihrer Geschichte befördert haben. »Dr. Sharon Meen hat sich nicht nur mit der Erforschung der Schicksale jüdischer Familien aus Lich einen Namen gemacht, sie gab auch den Anstoß dafür, eine Erinnerungskultur in Lich zu etablieren, von der unsere lokale Demokratie enorm profitiert«, so der Rathauschef.
Sharon Meen wurde in Kanada geboren und setzte sich bereits in ihrer Jugend mit der deutschen Kultur und Geschichte auseinander. Der Umstand, dass Kanada während des Nationalsozialismus nur sehr wenigen jüdischen Familien, die vor Terror und Holocaust flohen, die Einreise erlaubte, umtrieb Dr. Sharon Meen und war der Grund dafür, dass sie sich zunächst wissenschaftlich mit den Tätern auseinandersetzte, bevor sie begann, nach und nach die Schicksale der Opfer zu betrachten. Meen war unter anderem als Dekanin für Kunst und Wissenschaft an der Fern-Uni British Columbia sowie als Lehrbeauftragte an der University of British Columbia tätig und ist bis heute noch im Vancouver Holocaust Education Centre aktiv. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten beinhalten die Entwicklung jüdischer Gemeinden und Familien während des Nationalsozialismus und danach. Seit 2008 ist es durch ihre Arbeit gelungen, viele Nachfahren weitverzweigter jüdischer Familien, die früher in Themar in Thüringen lebten, aufzuspüren und dort wieder zusammenzuführen. Durch die familienbedingte Freundschaft zu Hille Neumann aus Lich wuchs bei Sharon Meen auch das Interesse am einstigen jüdischen Leben in Lich. Seit 2017 setzt sie sich intensiv mit der Geschichte der jüdischen Familien in Lich – 2023 mit den Familien Bamberger, Katz und Goldschmidt – auseinander. Zudem trieb sie die Idee voran, durch Stolpersteine zum Gedenken an einstige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger eine neue Erinnerungskultur in Lich aufzubauen.
Genau dies ist seit dem Jahre 2018 in Lich gelungen. Regelmäßig finden mit Beteiligung des Künstlers Gunter Demnig und unter Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern der Dietrich-Bonhoeffer-Schule sowie der evangelischen Marienstiftsgemeinde unter Federführung der Stolperstein-AG Stolpersteinverlegungen in Lich statt.